Mittwoch, 25. April 2012

Live: Anathema & Amplifier 24.04.2012 Bürgerhaus Stollwerck Köln

Amplifier und Anathema luden zum gemeinsamen Konzert ins Bürgerhaus Stollwerck in Köln. Während die Vorband auf der Suche nach "Neuen Freunden" waren, wollte der Hauptact des Abends ein neues Album präsentieren, das den Weg der letzten Jahre hin zu ruhigeren und harmonischen Klängen vortsetzte.

Amplifier hatten mal wieder einen schweren Stand. Zum Einen begannen sie mehr als zwanzig Minuten zu früh. Der Saal war noch nicht einmal zur Hälfte gefüllt, und erst, als sich herausstellte, dass es tatsächlich der Beginn des Konzerts war, kamen zumindest die sich noch im Foyer aufhaltenden zahlenden Gäste dazu. Doch von Beginn an war die Gruppe, wie schon im Jahr zuvor in Wiesbaden, vom Technikteufel verfolgt. Gitarrist Steve Durose war im ersten Song einem Wutanfall nahe, weil seine Gitarre nicht ging. Sänger Sel musste sich das Mikro praktisch in den Mund stecken, damit man ihn hörte. Platzmäßig sah es für die Band auch mau aus. Die Aufbauten von Anathema im Hintergrund nahmen so viel Platz auf der Bühne ein, dass die vier Jungs alle nebeneinander spielen mussten; das Schlagzeug stand direkt am Bühnenrand vorn links.

Wie schon in Wiesbaden ließen sich die meisten technischen Schwierigkeiten während des ersten Songs in den Griff bekommen. Die Band ließ sich davon auch nicht unterkriegen und spielte beherzt auf. Anders als im Vorjahr, wo Amplifier ja als Hauptact unterwegs waren, wirkten die Jungs doch deutlich gelöster und gaben einfach alles. Aushilfsbassist Magnum war keinerlei Unsicherheit anzumerken. Stammbassist Neil war ja zwei Wochen vor der Tour aus der Band ausgestiegen.

Amplifier spielten eine gesunde Mischung aus Songs vom aktuellen und dem Debütalbum sowie von der 'The Astronaut Dismantles HAL' EP. Erstes Highlight war schon ziemlich am Anfang 'Panzer'. Doch der Funke sprang nur teilweise aufs Publikum über. Sel kommentierte das trocken mit einem Hieb Richtung Hauptband: "I'm afraid we don't play any piano ballads tonight. We'll go on with some heavy riffing instead."* Dann folgte der Monstertrack 'Interstellar' vom 'Octopus'-Album. Letztendlich schaffte die Truppe es trotzdem noch, die Leidenschaft und Spielfreude ein Stück weit ins Publikum zu transportieren. Highlight waren dabei 'The Wave' in der Mitte und 'Neon' als Abschluss des knapp einstündigen Sets.

Trotz dass das Publikum nicht ganz so mitgegangen ist, wie das vielleicht der Leistung der Band entsprochen hätte, war der Auftritt doch um ein wenig besser als der im letzten Sommer in Wiesbaden. Und ich denke, wenn die Jungs sich endlich mal ne gute PA und vielleicht auch nen besseren Techniker zulegen, können die Gigs zu echten Erlebnissen werden.

Während bei Amplifier eher rotzige, trotzige Clubatmosphäre vorherrschend war, war die Stimmung bei Anathema gleich ganz anders. Die Bühne war jetzt natürlich offener, größer, und konnte auch ganz anders ausgeleuchtet werden. Stimmungsvolle helle Blautöne waren vorherrschend, als die Band um die Gebrüder Cavanagh mit dem Zweiteiler 'Untouchable' vom neuen Album eröffneten. Der Funke sprang jetzt im mittlerweile sehr gut gefüllten Konzertsaal auch schneller über. Die Setlist der Gruppe war geschickt aufgebaut. Es wurden alle Songs vom neuen Album in der Reihenfolge gespielt, in der sie auch auf 'Weather Systems' erschienen sind. Zwischen die einzelnen neuen Songs wurden etliche etwas Ältere eingestreut. So gab es nach den ersten drei Stücken von 'Weather Systems' zwei vom Vorgängeralbum, danach drei eher selten gespielte Songs von 'Judgement', und so weiter.

Im mittleren Teil der Show stellte sich ein klein wenig Müdigkeit ein, weil hier zu viele ruhige Stücke aneinander gereiht waren, auch wenn der mehrstimmige Gesang von Daniel und Vincent Cavanagh zusammen mit Lee Douglas ungemein bewegend war. Doch gleich darauf setzte die Band ein weiteres Highlight; nachdem Daniel das Publikum mit dem Riff von Tools 'Schism' aufgeweckt und zu lauthalsen Sympathiebekundungen ermuntert hatte, spielten sie das eh schon ziemlich schnelle 'Panic' noch eine Spur schneller als im Original, was das Publikum in gehörige Euphorie versetzte. Die Zuschauer waren nun gänzlich der Band verfallen, und die noch verbliebenen Songs vom neuen Album wurden ebenso frenetisch bejubelt wie die älteren Stücke. Die Laune der Jungs auf der Bühne war ausgelassen, Daniel und Vincent frotzelten die ganze Zeit herum, und als Vincent in einer Ansage die Setlist durcheinanderbrachte, war das für Daniel ein gefundenes Fressen.

Schließlich legte die Band noch einen fulminanten Schlussspurt hin. Aus Zeitmangel unterließen sie es, vor den Zugaben die Bühne zu verlassen, sie spielten einfach weiter. Besonders hervorzuheben ist dabei noch 'Closer', bei dem Vincent im Hintergrund stand und in den Vocoder sang, während Daniel vorn am Bühnenrand hin und her lief und die Menge anpeitschte. Der Jubel nach dem Song war ohrenbetäubend laut, wahrhaftige Begeisterungsstürme brandeten der Bühne entgegen. Als letzter Song wurde 'Fragile Dreams' in der Version vom 'Alternative 4' Album gespielt und damit ein ziemlich genau zweistündiger Gig gekrönt, der in der Mitte seine Längen hatte, aber in seiner Gesamtheit in Sound und Stimmung absolute Spitze war. Entsprechend zufrieden machten sich die Zuschauer auf den Heimweg.


 *ungefähre Wiedergabe aus dem Gedächtnis



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