Freitag, 19. Januar 2018

Revision: The Cranberries -- Everybody Is Doing It, So Why Can't We?

Es ist sicherlich überraschend, dass ich mich an dieser Stelle mit den Cranberries beschäftige, die so gar nicht zu dem hier normalerweise behandelten Genre-Spektrum passen wollen. Das bedauerliche Ableben der Sängerin der Band Dolores O'Riordan hat mich daran erinnert, wie wichtig diese Band für mich in meiner Jugend war, und wieviel sie zu meiner musikalischen Entwicklung beigetragen hat. Und nicht zuletzt um zu zeigen, dass die Band mehr ist als 'Zombie', führe ich hier das Debüt-Album der Gruppe ins Feld.

Die Wucht der unverkennbaren Stimme von O'Riordan, die man von dem schon erwähnten Hit 'Zombie' kennt, kommt auf diesem Album noch eher selten zur Geltung. Hier werden leisere, sanftere Töne angeschlagen. Traurig melancholische Balladen, die mitunter an die Smiths erinnern, dominieren das Album, das im Original mit 12 Songs kam, mittlerweile unter dem Subtitel 'The Complete Sessions' auf 18 Stücke erweitert wurde. Dabei findet man neben zwei Remixen auch erfrischenden Gitarrenpop. Aber auch das Album als solches ist keineswegs düster, sondern wird immer wieder aufgelockert von leichten, poppigen Stücken wie 'Dreams', 'Linger' oder 'Wanted', die zwar immernoch verträumt klingen, aber mit mehr positiver Verspieltheit. Klanglich wird das Album neben der Gesangsstimme vor allem vom markanten Bass von Mike Hogan dominiert, sein Bruder Noel hält sich an der Gitarre oft dezent zurück, oder spielt sich zumindest nicht in den Vordergrund. Einziger Schwachpunkt sind die gelegentlich eingesetzten Streicher, die mitunter sehr kitschig wirken, und, da sie vom Keyboard gespielt sind, auch ein wenig nach Plastik klingen. Aber so ist das wohl bei einem Debüt-Album, da fehlen vermutlich die Mittel. Einzelne Songs hervorzuheben fällt schwer, das Album ist eine schöne runde Sache, die sich auch nach fast 25 Jahren wenig abgenutzt hat. Selbst der aus den 80ern entliehene Hall auf den Drums, der zugegebenermaßen nicht so vordergründig ist, hat seinen Charme. Alles in allem ist dieses Album eine angenehm chillige Scheibe, die die gut sortierte Musiksammlung um ein Schätzchen bereichert.

Anspieltipp:

Dienstag, 16. Januar 2018

Lebenszeichen II

Mehr als drei Jahre ist es jetzt her, dass hier der letzte Artikel erschienen ist. Viele Dinge kamen dazwischen, sei es, dass mir der Zugang zu Musik ein wenig verbaut war in meinem Kopf, oder auch der Mangel an Zeit, sich einzelnen Alben so intensiv zu widmen, dass dabei etwas Lesbares herausgekommen wäre. Jetzt frage ich mich, ob diesen Blog hier überhaupt noch irgendjemand verfolgt. Denn ich hätte schon Interesse und auch Lust, mal wieder was zu schreiben.

Wenn du das hier liest, danmn schreib mir doch nen kurzen Kommentar.. Ein einziger würde mir schon reichen, um dieses Blog wieder aufleben zu lassen.

Montag, 15. Dezember 2014

Revision: Rishloo -- Living As Ghosts With Buildings As Teeth

Nach Auflösungsgerüchten und vielleicht auch ein wenig auf Druck der kleinen aber treuen Fangemeinde haben Rishloo via Crowdfunding ihr viertes Studioalbum produziert. Und das hat einiges zu bieten. Die Band klingt dynamischer, abwechslungsreicher und vielseitiger als je zuvor. So findet man beispielsweise im Opener ‚Great Rain Battle‘ bluesige Gitarrensoli auf groovigem sechs-Achtel-Takt, im anschließenden ‚Landmines‘ schwere Metal-Riffs und Polyrhythmik, und atmosphärische Postrock-Anleihen in ‚Dead Rope Machine‘. Über allem liegt der eindringliche Gesang von Andrew Mailloux, der sich in ‚Winslow‘ zwischenzeitlich schon mal als Hardcore-Shouter versucht, ohne dass der Song wirklich Hardcore wird. Dennoch ist dieser Song der härteste des Albums, zumindest in Passagen. Herzstück des Albums bilden das zehnminütige ‚Dark Charade‘ mit episch proggigem Einschlag, und das anschließende ‚Salutations‘, das mit trippigen Drums, seidenweichen Gitarren und intensiv brummendem Bass an den intensiven Sound von Archive erinnert.

Das Album ist nicht so homogen wie die Vorgänger. Doch das tut dem Sound gut. Einflüsse aus bislang bandfremden Gefilden machen das Werk interessant und spannend. Das Wechselspiel zwischen melancholisch schönen Harmonien mit filigraner Melodie und brüllenden Gitarren konnte die Band schon immer gut. Auf dieser Basis aufbauend hat sich die Gruppe positiv weiterentwickelt. Bleibt zu hoffen, dass das nicht ihr letztes Album war.

Anspieltipp:

Donnerstag, 24. Juli 2014

Revision: Tool -- 10.000 Days




Kürzlich war in der Musikpresse ein Interview zu lesen, in dem deutlich wurde, dass die Verzögerungen bei der Arbeit am neuen Tool-Album auf einen komplizierten Rechtsstreit der Band um Artwork zurückzuführen ist. Schade, dass es solche das Geld betreffenden Dinge sind, die einen Künstler immer wieder ausbremsen. Doch scheinbar geht die Arbeit an neuen Stücken mittlerweile gut voran. Bis es soweit ist, bleibt noch Zeit, sich mit den schon erschienenen Werken von Tool zu beschäftigen, zum Beispiel dem bis dato aktuellen Album '10000 Days'.

Das Cover einer CD als das Beeindruckendste an einem Album zu bezeichnen, stellt ja eigentlich die Musik ein wenig in den Schatten, denn es ist ja nicht unbedingt das Cover, nach der man sich ein Album aussucht. Aber auf jeden Fall ist es beeindruckend genug, in einer Rezension berücksichtigt zu werden. Die CD-Hülle an sich ist eine Papp-Hülle. Darin ist eine ausklappbare Brille eingearbeitet. Mit dieser Brille kann man nun das Booklet betrachten, dass an der Innenseite der Hülle befestigt ist. Das Booklet zeigt jede Menge psychedelischer Bilder und Muster, die mit Hilfe der Brille dreidimensional werden. Diese schaut man am besten während man die Musik hört. So bekommt man ein multimediales Gesamterlebnis, denn wie in der Musik, so kann man auch in den Bildern ständig etwas Neues entdecken, auch wenn man sie schon seit 10000 Tagen pausenlos betrachtet ...

Das Album ist etwas ruhiger und ausgeglichener als seine Vorgänger. Sehr viel Schwebendes, Atmosphärisches liegt in der Musik. Trotzdem ist und bleibt Tool eine Metal-Band und spielt klare, harte Hooks, wie im fulminanten Opener 'Vicarious' oder dem anschließenden 'Jambi'. Der Zweiteiler 'Wings for Marie (Pt 1)' und '10000 Days (Wings Pt 2)' bildet das transzendente Zentrum des Albums, mit düsteren, psychedelisch schwurbelnden Gitarren und tiefem, fast schon kehligem Gesang. Danach wird es mit 'The Pot' wieder metallischer, der klare und eingängige Gesang und der harte Rhythmus sind unverkennbar für die Band, und auch unkopierbar und unübertreffbar gut. Ein weiterer Höhepunkt des Albums ist 'Rosetta Stoned', ein Zehnminüter, in dem sich starke, forcierende und harte Gitarrenriffs mit leiseren, atmosphärischen Passagen abwechseln, mal treibend, mal bremsend, wodurch der Song eine unglaublich große Dynamik erhält, die sich in einem fulminanten Finale austobt. Danach wird es mit 'Intension' und 'Right In Two' wieder ruhiger, bevor das Album mit der beinahe schon obligatorischen Geräuschorgie 'Viginti Tres' abschließt.

Harte, drängende Songs mit fulminantem Finale wechseln sich mit sphärischen, trance-artigen leisen Klängen. Wieder einmal zeigt sich die ganze Palette der Ideenvielfalt der Band. Der gewaltige Stimmumfang von Maynard wird voll ausgereizt; von sanft, leise über melodisch oder auch gepresst, fast zischend, bis hin zu geschrienen Passagen ist alles dabei. Ebenso verhält es sich mit den Gitarrenklängen. Die rhythmische Begleitung beinhaltet sowohl harte, stampfende Drums als auch Tom-lastige Passagen sowie verschiedenste Percussions. '10000 Days' ist ein stringentes Werk; die Stimmung, die bereits am Anfang erzeugt wird, zieht sich durch das gesamte Album wie ein roter Faden und nimmt den Hörer mit auf eine Klangreise der Superlative! Das Album ist das bislang homogenste der Band, und gleichzeitig auch das Abwechslungsreichste, und genau das macht die große Qualität der Platte aus. Alles in allem sehr gelungen und auf jeden Fall eines der besten Alben der Band und auch des Genres.

Mittwoch, 23. Juli 2014

Revision: The National Orchestra Of The United Kingdom Of Goats -- Vaaya And The Sea

'Vaaya And The Sea' ist das erste echte Album der Südtiroler Metalprogger mit dem Namen, bei dem die Gefahr, dass es ihn noch einmal gibt, praktisch ausgeschlossen ist. 

Das Konzeptalbum beginnt mit viel Bombast, breiten Klangwänden aus Gitarren und Streichern und schwelgendem Gesang. Es ist in einer beinahe pathetischen Stimmung gehalten, viele Passagen sind hymnenhaft, wie aus einem Heldenepos. Interessante Rhythmuswechsel und immer wieder eingeflochtete PostRock-Anleihen oder harte Metal-Riffs halten sie Spannung aufrecht. Doch man muss Abstriche machen. Bereits nach dem ersten Drittel des Albums bekommt man das Gefühl, sich in einer Dauerschleife zu befinden. Zu viele Akkordfolgen, Melodie- und Spannungsbögen wiederholen sich zu oft. Es gibt zwar immer wieder gute Ideen, die einen aufhorchen lassen, wie die leicht orientalisch angehauchten Passagen in den beiden 'Black Citadel'-Teilen, oder der düstere, monotone Sprechgesang in 'Black Citadel: Empire', doch es setzen sich immer wieder gleiche Themen durch, die sich wenig voneinander abgrenzen.

Handwerklich ist die Musik von guter Qualität. Die Rhythmik ist abwechslungsreich, der oft mehrstimmige Gesang klar, die Harmonik leicht vertrackt, aber meistens trotzdem eingängig. In der Umsetzung der elektronischen Zutaten hat die Gruppe allerdings nicht immer ein glückliches Händchen bewiesen. Hier ein zu aufdringliches Echo, da ein Satz zu schriller Streicher, das führt dazu, dass das Album ein wenig unrund wirkt. Die Streicher als solche wie auch die Klavierpassagen, beides deutlich hörbar synthetisch erzeugt, haben zu wenig Tiefe und klingen phasenweise zu plastisch. Das mag möglicherweise an der Eingeschränktheit der vorhandenen Mittel und Möglichkeiten liegen, hilft aber leider nichts.

Fazit: Die Band zeigt sehr gute Ansätze, das Album ist aber auf die Länge wenig abwechslungsreich, mit kaum klar hervorstechenden Spitzen. Für Hörer, die bombastischen und epischen Prog mögen, ist das Album auf jeden Fall was, alle sonstig Interessierten können mal reinhören, zumal es die Platte ja als Gratis-Download gibt. Aber es wird nur wenig mehr hergeben als eine angenehme Hintergrundbeschallung.

Dienstag, 22. Juli 2014

Revision: British Theatre -- Dyed In The Wool Ghost

British Theatre ist ein Elektronik-Projekt der ehemaligen Oceansize-Mitglieder Mike Vennart und Richard Ingram. Im August 2012 erschien eine 12'' mit dem Titel 'Dyed In The Wool Ghost', zunächst nur als Download, dann als 12'' Vinyl, die mittlerweile aber auch wieder ausverkauft ist. Welchen Sound kann man von den ehemals doch recht rockig veranlagten Musikern aus Manchester erwarten, die das Projekt schon früh mit 'experimental electronica' ankündigten? Und ist das was für den gemeinen Oceansize-Fan?

Die Platte beinhaltet fünf Songs von insgesamt nicht einmal einer halben Stunde Spieldauer, bietet also einen verhältnismäßig kleinen Einblick in die Arbeit von Vennart und Ingram. Und selbstverständlich steckt eine Menge Oceansize in diesem Projekt, nicht zuletzt Mike Vennarts Stimme. Auch die Melodieführung und die vertrackte Harmonik erinnern an die ruhigeren Stücke der Vorgängerband der beiden Protagonisten. Vor allem die Songs, in denen Voodoo Six Drummer und erklärter Oceansize-Fan Joe Lazarus echtes Schlagzeug beigesteuert hat, kommen dem geneigten Hörer klanglich doch recht bekannt vor. Weiche, ambiente Klangsphären und verspielt wirkender Gesang sind gespickt mit elektronischen Spielereien. Die Stücke mit Computerdrums wirken ein wenig unruhig und rastlos, was auch durch die offene und wenig geradlinige Rhythmik noch verstärkt wird. Aber wenn man sich ein wenig in die Songs reingehört hat, findet man doch schnell Gefallen daran.

Vergleichbar mit dem Nine Inch Nails-Nebenprojekt How To Destroy Angels, oder den experimentellen Ausflügen der späten Radiohead-Alben, ist diese Platte ambitioniert und lässt immer wieder geniale Ideen durchblitzen. Es bleibt leider ein wenig Stückwerk, wirkt unvollendet, eben wie ein Experiment. Doch das Projekt ist auf jeden Fall eines, das man im Auge behalten sollte. Wenn da noch mehr kommt, und wenn die Macher den Spagat zwischen Oceansize-Kopie und etwas wirklich Neuem hinbekommen, könnte es ziemlich gut werden.

Anspieltipp: 'Give A Man Enough Rope And He Will Hang Us All'

Montag, 21. Juli 2014

Revision: Anathema -- Distant Satellites

Ein neuesWerk von Anathema ist erschienen! Nachdem die Live-DVD 'Universal' lange meine Playlist dominierte (Rezi folgt), kommt ein wenig Abwechslung gerade recht, und es lassen sich wunderbar Vergleiche ziehen.

'Distant Satellites' knüpft zunächst nahtlos an den Vorgänger 'Weather Systems' an, mit ähnlichen Harmonien, ähnlicher Stimmung, und einem Mehrteiler, der diesmal dreigeteilt ist. Auffallend ist jedoch schon im eröffnenden 'The Lost Song - Part 1', dass die Drums einen wichtigeren, treibenden Anteil an der Musik haben. Es gibt immer wieder viele ruhige Passagen, mit Streicherteppichen hinter verspielt-träumerischen Klaviermelodien, die sich um die weiche Stimme von Sängerin Lee Douglas schmeicheln, wie im zweiten Teil der 'Lost Song'-Trilogie, oder dem verzaubernden 'Ariel'. Der erste Teil des Albums hat wenig Überraschendes zu bieten,  der Weg, den die Band mit den vorangegangenen Alben eingeschlagen hat, wird weiterverfolgt. Melancholische Melodien und drängende Gitarren vermischen sich zu eingängigen und energiegeladenen Songs voller Schmerz und Sehnsucht, aber auch Zuversicht. Immer mehr Dur-Akkorde streuen sich in die fast schon poppigen Balladen ein, und das Arragement aus Streichern, Klavier, Gitarren und den drei sich perfekt in dieses Klangbett einfügenden Gesangsstimmen bringen Anathema auf diesem Album nahezu zur Perfektion.

Man findet also viel Altbekanntes auf diesem Album, was aber auf einem solchen Qualitätslevel nicht als Negativ empfunden wird. Es gibt aber auch einiges Neues. Computergestützte Drums kannte man bisher nicht von Anathema, zusammen mit der treibenden Gitarre gibt es aber eine spannende Mischung in 'You Are Not Alone', dem kürzesten Song des Albums. Die elektronischen Spielereien setzen sich fort. 'Firelight' gibt mit atmosphärischen Orgelklängen den Opener für den Titelsong des Albums. Hier findet man groovige Computerdrums, Synthie-Klangwellen sowie Gesang und Piano mit sehr viel Hall, passend zum Titel des Songs. Und mit dem abschließenden 'Take Shelter' ist das Album, und mit ihm der Hörer, entgültig in der Schwerelosigkeit angekommen.

Um beim Fazit im Bild zu bleiben: Anathema haben sich in den letzten Jahren aus den Tiefen düsterer Doom-Täler nicht nur an die Oberfläche melancholischen proglastigen Rocks gespielt, sondern sind bereits mit dem Vorgänger-Album 'Weather Systems' durch alle Schichten der Stratosphäre geschwebt, und haben nun mit dem Meisterwerk 'Distant Satellites' jegliche Umlaufbahn verlassen und gleiten nun neuen Klangwelten entgegen. Sie überschreiten Genre-Grenzen, entdecken neue Wege und bleiben sich dennoch treu und schaffen so ihren eigenen unvergleichlichen Sound. Ein großartiges Album von einer großartigen Band, die ich mich jetzt schon freue live sehen zu dürfen.

Anspieltipps: 'Anathema', 'Take Shelter'