Freitag, 11. Februar 2011

Revision: Oceansize -- Everyone Into Position

Viele Bands, die ein Debüt veröffentlichen, bei dem sich die Kritiker vor Lob und Huldigungen schier überschlagen, haben Probleme, den selbst vorgelegten hohen Maßstäben in der Folge gerecht zu werden. Es ist offenbar schwierig, nicht nur dem Termindruck einer Plattenfirma ausgesetzt zu sein, sondern auch hohe Erwartungen von den Fans zu spüren, und auch selbst nun einen gewissen Anspruch zu haben. Auch will man der Welt beweisen, dass man keinesfalls eine Eintagsfliege ist oder sich gar auf dem Erfolg ausruht. Für Oceansize käme letzteres sowieso nicht in Betracht, denn der Stil der Band ist trotz hoher Qualität der Musik keinesfalls Garant für kommerziellen Erfolg. Wie also ist es nun, das gefürchtete zweite Album?

Der Beginn ist laut und druckvoll. Während sich 'Charm Offensive' noch vornehm zurückhält und mit groovigen Riffs beginnt, wird mit 'Heaven Alive' ein Rock-Brett durch die Boxen gejagt, dass sich hören lassen kann. Pulsierende Gitarren und ein groovendes Schlagzeug bereiten den Boden für 'A Hommage For A Shame', das die Soundanlage mit dröhnenden Soundwände und Mike Vennarts Geschrei endgültig zum Platzen bringt. Erst jetzt kommt man ein wenig zum Luftholen. 'Meredith' ist ein ruhiges, mit sphärischen, tiefen Gitarrenteppichen und eingängigem Gesang. Daran schließt sich 'Music for a Nurse' an, das mit verspieltem Schlagzeug und Harmonien voller Sehnsucht beginnt und von Mike Vennarts Gesang zur perfekten Sinfonie verschmilzt und in eine kompakte Wand aus Klang mündet. Klare, harmonische Melodien dominieren auch 'New Pin', mit dem das Album langsam wieder an Fahrt aufnimmt. 'No Tomorrow' nimmt die positive Grundstimmung mit, beginnt in der Strophe mit verspielten Gitarren und offener Bassline, um dann in pumpende Riffs und harte Stimmakrobatik überzugehen. 'Mine Host' stützt sich auf ein Fundament aus fließenden Orgelklängen, um die sich zarte Gitarrentöne ranken. Mit breiten und schweren Klängen und im bei der Band sehr beliebten sieben-Viertel-Takt öffnet 'You Can't Keep A Bad Man Down' wieder ein härteres Kapitel, das abrupt in einen sphärischen Mittelteil übergeht, bevor eine meterhohe Gitarrenwand wieder zurückführt und den Song abrundet. 'Ornament / Last Wrongs' ist mit fast zehn Minuten einer der längsten Songs des Albums, und die unglaublich hohe Dynamik, die dieses Stück ausmacht, sorgt dafür, dass keine einzige Sekunde Langeweile aufkommt. Die Mischung aus harten Riffs und sehr ruhigen Klängen sowie der hymnische vielstimmige Gesang geben ihm einen beinahe epischen Charakter.

Oceansize haben es gezeigt. Sie wollten mehr. Sie konnten mehr. Sie machten einfach mehr. Und wer auch immer sagt, weniger ist mehr, ist ein Depp, wie Mike Vennart selbst auf der Live-DVD 'Feed to Feed' feststellt. Unbeirrt vom Druck geht diese Band ihren Weg, der ihr vielleicht keine große, dafür aber umso treuere Fangemeinde beschert. Die Fans lieben dieses Album, und für Menschen, die Oceansize noch nicht kennen, bietet es einen guten Einstieg. Fazit: Unbedingt empfehlenswert.

Anspieltipp:

1 Kommentar:

  1. Ich bin mit dem Album lange lange Zeit gar nicht warm geworden. Lag vielleicht an zu wenig Durchläufen. Als dann aber das neue Album im September in den Startlöchern war, hat es doch noch bei mir gezündet und ist mittlerweile mit dem Vorgänger und auch Frames (was ich sehr sehr mag) auf einer Augenhöhe.

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