Montag, 10. Dezember 2012

Revision: Muse -- The 2nd Law

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Muse tendieren ja in letzter Zeit gerne dazu, den geneigten Hörer herauszufordern. Der kratzige, beißige Sound, mit dem sie groß geworden sind, ist immer mehr verdrängt worden. Zuletzt musste (oder wollte) die Band sogar Vergleiche mit Queen aushalten. Dann kam der Teaser zum Album 'The 2nd Law', und wieder waren Fans und Kritiker erstaunt bis vor den Kopf gestoßen. Eine Mischung aus cineastischen Orchesterklängen und Dubstep wurde zusammen mit der Meldung veröffentlicht, dass der Sound des neuen Albums überraschend anders sein würde. Die neue Muse, ein Dubstep-Album?

Nicht ganz, auch wenn die Briten vor Experimentierfreude nur so strotzen. Der erste Song hätte auch gut und gerne auf einem der beiden Vorgänger-Alben enthalten gewesen sein. 'Supremacy' überzeugt mit groovigem Gitarrensound und der eindringlichen bis fast schon überzogen schrillen Stimme von Matthew Bellamy, was sich zu einer eingängigen Kombination entwickelt. Das anschließende 'Madness' wiederum ist etwas von diesem neuen, angekündigten neuen Sound. Poppiges, elektronisches Schlagzeug und verzerrte bassige Dubstep-Synthies bilden den Klangteppich, die Bühne, auf der Sänger Bellamy sich zunächst zurückhält, aber immer wieder durch polyphone Stimmakkorde im Queen-Stil und ein kratziges Gitarrensolo Akzente setzt. Trotzdem bleibt der Balladencharakter des Stückes erhalten. 'Panic Station' dagegen ist ein recht solider Rocksong, knackig, mit Posergesang, wie Elvis es nicht besser gemacht hätte, und Trompetenunterstützung im Refrain. Der Vegas-Flair steht dem Song aber sehr gut.

Kitschige Streicher eröffnen für 'Survival', den offiziellen Olympia-Song für London 2012. Sperrig, mit langer und nicht gerade einfach zu hörender Akkordfolge, steigert sich der Song zunächst leise beginnend zu einem Klangfestival, das sich wieder einmal in die Queen-Ecke stellen lässt. Zum Ende hin wird der Song noch etwas kratzig, mit klirrenden Gitarren, so dass es nicht verwunderlich ist, dass dieses recht komplexe Machwerk während der olympischen Spiele nicht wirklich oft in den Radiostationen gespielt wurde. Der Song hat kein Mainstream-Potenzial, ist aber, von der künstlerischischen Seite aus betrachtet, gut.

Es schließt sich 'Follow Me' an, mit technoidem Beat und wieder einmal Dubstep-Elementen. Die für die Band typische Eingängigkeit der Melodieführung sorgt dafür, dass der Song trotzdem hörbar bleibt. Etwas mehr Natürlichkeit hätte dem Stück allerdings auch gut zu Gesicht gestanden, dessen Ende an die verzweifelten Schreie von Bono in wahrscheinlich der Hälfte aller bekannten U2-Songs erinnert. 'Animals' ist wieder ein eher typischer Muse-Song. Interessant gemacht, mit dem Cembalo im Hintergrund, der verspielten Gitarre, und der guten Spannungskurve des Songs, der nie wirklich laut wird, aber dennoch Kraft und Stärke entwickelt.

'Explorers' nimmt den Fuß noch ein wenig mehr vom Gas, eine leicht kitschige, theatralische Ballade, qualitativ gut, aber vielleicht eine Spur zu dick aufgetragen im ersten Teil. Mit Einsetzen des Schlagzeugs wird es besser. 'Big Freeze' ist ein guter Song, gut geschrieben, und auch gut umgesetzt, geradlinig, rockig, fast wie aus den besten Zeiten der Band. Aber eben nur fast, zum Ende hin wirkt der Song ein wenig kraftlos, es fehlt ein wenig der Druck. 'Save Me' beginnt wieder sehr kitschig, sphärisch, baut sich dann aber weiter auf und wird nach schwacher Anfangsphase ganz interessant. Drängender Beat, mehrstimmiger atmosphärischer Gesang, daraus entsteht ein recht intensiver Refrain, der allerdings in der Strophe wieder etwas ausgebremst wird. Gesungen hat diesen Song übrigens Bassist Chris Wolstenholme, genau wie auch das folgende 'Liquid State', das nochmal rockig daherkommt und an frühere Zeiten erinnert, durch Geradlinigkeit und Drive besticht und damit eines der Highlights des Albums ist.

Abgeschlossen wird das Album vom Titelstück 'The 2nd Law' in zwei Teilen. 'Unsustainable' ist der eingangs schon erwähnte Teaser, 'Isolated System' greift das Thema auf, aber statt der zerrissenen Dubstep-Elemente geben die technioden Beats und das sich wiederholende Klavierthema dem Stück einen eher atmosphärischen Charakter.

Was soll man nun halten von so einem Album? Experimentierfreudig war die Band, ob das gut ist, bleibt Geschmackssache. Es sind wenige Songs dabei, die vollkommen überzeugen, auch wenn das Album insgesamt abwechslungsreich und handwerklich durchaus gut gemacht ist. Aber es ist auch an vielen Stellen etwas zu viel und an den falschen Stellen etwas zu wenig. Mix und Produktion sind zu weich. Die Stücke sind an vielen Stellen zu durchdacht, allerdings im negativen Sinn; zu viel Kopf vergisst das Herz. Es ist eigentlich zu gut, um zu sagen, dass es ein schlechtes Album ist. Aber ein wirklich gutes ist es leider auch nicht.

Anspieltipps: 'Supremacy', 'Animals', 'Panic Station'

5 Kommentare:

  1. Ich selbst bin ja Hörer der ersten 4 Alben von Muse. Als Resistance kam, hab ich schon ewig gebraucht mich an das Album zu gewöhnen. Ich mag den alten progressiven Sound von Muse und nicht das neue teils orchestralische und synthiepopmäßige ... meine Theorie liegt immer noch dabei, dass sie die Musik an die zahlreichen von-twilight-stammenden-fans angepasst haben.

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  2. Naja, beim vorletzten (den letzten kenne ich nicht) war meines Wissens nach gar kein Muse-Song dabei ... Nee, denke schon, dass das jetzt einfach die neue Masche von wahrscheinlich in erster Linie Bellamy ist. Ich denke ja immer, man muss einer Band auch das Recht und den Raum geben, sich weiterzuentwickeln. Aber ich fand auch die alten Sachen besser; vor allem auf diesem Album wirken mir viele Sachen einfach nicht zu Ende gedacht.

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  3. (ich meinte natürlich mit dem vorletzten den vorletzten Twilight-Film ...)

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  4. sie sind jetzt halt für die breite masse hörbar geworden...vieles vorher - eher experimentell aber eben speziell:) ich mag muse!

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  5. Arrwwww....du schreibst so schön! :)

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